Beschlussvorlage - 36/BV/141/2017

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

1. Sach- und Rechtslage: Der Gemeindevertretung Tützpatz liegt ein schriftlich eingereichtes Bürgerbegehren, Eingang auf der öffentlichen Gemeindevertretersitzung der Gemeinde Tützpatz am 08.06.2017, mit der folgenden Frage an die Bürger der Gemeinde Tützpatz „Sind Sie dafür, dass die Gemeindevertretung Tützpatz das Zielabweichungsverfahren RH2-PTG auch weiterhin ablehnt?“ vor.

Die Gemeindevertretung Tützpatz hat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nach § 20 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) in Verbindung mit der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO) im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte zu prüfen.

Im Ergebnis der Prüfung ergeben sich folgende Feststellungen:

Formelle Prüfung:

  1. Die durch das Bürgerbegehren eingebrachte Frage ist eindeutig im Vorblatt mit Ja oder Nein durch die Bürger zu beantworten. Das Ziel des Bürgerbegehrens ist eindeutig zum Ausdruck gebracht.

 

  1. Drei Personen, Herr Holger Popner, Waldstraße 1 a in 17091 Tützpatz,

Frau Irmgard Schwindeler, Birkenweg 4 in 17091 Pripsleben und Frau Kerstin Heidschmidt, Birkenweg 5 in 17091 Tützpatz sind als Vertreter der Antragsteller benannt.

 

Frau Schwindeler ist melderechtlich in Tützpatz, Birkenweg 4, erfasst. Letzteres kann unbeachtlich bleiben, da die Vertreter des Bürgerbegehrens nicht wahlberechtigte Bürger sein müssen.

 

Im § 14 Absatz 5 der KV-DVO ist festgeschrieben, dass die Vertretungspersonen namentlich jeder einzelnen Liste voranzustellen sind. Dieses Formerfordernis ist nicht erfüllt.

 

Auch ist das Fehlen der eigenhändigen Unterschrift des einzelnen Vertreters festzustellen.

 

  1. Dem Bürgerbegehren liegt eine Antragliste mit 22 Unterschriftsblättern bei. In der Kopfzeile jeden Blattes ist das Ziel des Bürgerbegehrens vermerkt und die Möglichkeit des eindeutigen Ja-oder Nein-Stimmens mittels eines Kreuzes ausgewiesen.

Die Namen der Vertretungspersonen sind durchgehend nicht aufgezeigt. 

 

  1. In den Listen sind 187 Personen verzeichnet.

Das Einwohnermeldeamt des Amtes Treptower Tollensewinkel nahm die Prüfung vor, ob die aufgelisteten Personen am Antragseingang, 08.06.2017, nach kommunalwahlrechtlichen Voraussetzungen wahlberechtigt sind.

Auf der Seite 17 ist in Zeile 3 der Familienname falsch ausgewiesen; Seite 20 in Zeile 8 und Zeile 9 sind Personen nicht wahlberechtigt. Für 30 Bürger ist das Geburtsdatum nicht aufgeführt. Eine eindeutige Identifizierung dieser Bürger war in diesen Fällen nicht möglich.

 

Somit ist von 154 wahlberechtigten Personen auszugehen. Laut Melderegister sind zum Zeitpunkt    08.06.2017    478 Bürger wahlberechtigt.

Somit sind 32,2% der wahlberechtigten Bürger der Gemeinde Tützpatz auf den Antraglisten aufgeführt.

 

  1. Die Listen weisen Spalten mit der Eintragsvorgabe Name, Vorname, Straße, PLZ, Wohnort, Geburtsdatum aus.

Demzufolge fehlen Spalten für die vorgegebenen Eintragungen nach § 14 KV-DVO der Unterschriften und das Datum der Unterzeichnung eines jeden Unterzeichners.

Eine Unterschriftsleistung und eine Datumsangabe fehlen durchgehend bei allen eingetragenen Bürgern. Ein Abgleich der Unterschriften mit dem Personal- und/oder Passregister im Einwohnermeldeamt des Amtes Treptower Tollensewinkel war demzufolge unmöglich.

 

Damit sind die gesetzlichen formellen Forderungen des § 14 Abs. 5 KV-DVO nicht erfüllt.

      Kostendeckungsvorschlag:

  1. Ein Kostendeckungsvorschlag ist durch die Vertreter des Bürgerbegehrens nicht unterbreitet, da die Einreicher die entstehenden Kosten für die Gemeinde Tützpatz mit null beziffern.

Ein Beratungsgespräch gegenüber der Gemeinde hinsichtlich der zu erwartenden Kosten wurde durch die Vertreter nicht eingefordert.

 

Es fallen voraussichtlich folgende Kosten in Höhe von ca. 500,00 € an:

- geheime Abstimmung über einen Bürgerentscheid – Kosten für Büromittel (u.a.

  Druck von Stimmzettel oder Stimmkarten),

- eventuelle Portokosten für die Übersendung von Briefwahlunterlagen an

  Wahlberechtigten,

- Betriebskosten für den Abstimmungsraum,

- eventuelle Entschädigungszahlungen für ehrenamtliche Wahlhelfer.

 

Eine Übertragung der Aufgaben zur Durchführung von Bürgerentscheiden erfolgte seitens der Gemeinde Tützpatz nicht auf das Amt Treptower Tollensewinkel, so dass die Gemeinde Tützpatz die entstehenden Aufwendungen aus ihrem Haushalt zu begleichen hat.

Materielle Prüfung:

  1. Nach § 20 KV M-V Abs. 2 Nr. 4 sind Bürgerentscheide nicht zulässig bei Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens oder eines  förmlichen Verwaltungsverfahrens  mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind.

 

Bei dem Zielabweichungsverfahren RH2-PTG wird die Gemeinde Tützpatz als Träger öffentlicher Belange nicht aber als Entscheidungsträger aufgefordert, eine

 

 

Stellungnahme abzugeben bzw. das Benehmen zu erteilen. Die abschließende Entscheidung treffen andere Behörden.

Hier ist ein Bürgerentscheid dadurch unzulässig, dass § 20 Abs. 1 Satz 1 KV M-V von wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde im Rahmen ihrer Zuständigkeit spricht.

Eine abschließende Zuständigkeit der Gemeinde Tützpatz im Zielabweichungsverfahren RH2-PTG scheidet aber aus.

 

Damit sind die gesetzlichen materiellen Forderungen des § 20 KV M-VO nicht erfüllt.

 

Prüfungsergebnis

Es war zu prüfen, ob das Bürgerbegehren materiell und hinsichtlich seiner formellen Voraussetzungen auf der Grundlage der KV M-V und der KV-DVO zulässig ist.

 

Die unter Punkt 3 und 5 aufgeführten formellen Formfehler, hier das durchgehende Fehlen der Vertreterbenennung auf den Unterschriftsblättern, das durchgehende Fehlen einer Unterschrift der aufgeführten Personen und das Fehlen einer Datumsangabe bei Listeneintragung, sind bedeutende Fehler.

 

Die Unterschrift ist die handschriftlich eigenhändige Namenzeichnung einer Person und ist zur Unterzeichnung von Rechtsgeschäften notwendig.

Eine Datierung dient dem Nachweis, zu welchem Zeitpunkt die Unterschriftsleistung getätigt wurde.

Es ist davon auszugehen, dass die Eintragung und die Unterschriftsleistung in die Antragsliste für ein Bürgerbegehren eine rechtsgeschäftliche Handlung darstellt.

Das formelle Zulässigkeitsprüfungsverfahren räumt der Gemeinde Tützpatz hier kein Ermessen ein.

Hinsichtlich der materiellen Zulässigkeitsprüfung wird festgestellt, dass die Zuständigkeit der Gemeinde Tützpatz im Zielabweichungsverfahren RH2-PTG nicht gegeben ist, da sie nur als Träger öffentlicher Belange im Verfahren beteiligt ist und nicht als Entscheidungsträger.

Das materielle Zulässigkeitsprüfungsverfahren räumt der Gemeinde Tützpatz auch hier kein Ermessen ein.

Im Ergebnis der Prüfung ist festzustellen, dass die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht gegeben ist.

 

Die Untere Rechtsaufsichtsbehörde wurde über dieses Ergebnis umgehend informiert und gebeten, eine Stellungnahme für die Beschlussfassung in der Gemeindevertretung Tützpatz zu übersenden. Die Stellungnahme vom 03.07.2017 liegt der Beschlussvorlage bei.

 

Die Verwaltung empfiehlt der Gemeinde Tützpatz, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen.

 

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Beschlussvorschlag

2. Beschlussvorschlag: Die Gemeindevertretung Tützpatz lässt das Bürgerbegehren mit der Frage „Sind Sie dafür, dass die Gemeindevertretung Tützpatz das Zielabweichungsverfahren RH2-PTG auch weiterhin ablehnt?“ auf Grund des Feststellens von formellen und materiellen Fehlern im Ergebnis der Zulässigkeitsprüfung nicht zu.

 

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Anlagen

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